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Ihr Kinderlein kommet
Sie tuns wirklich. Sie kommen. Und das
nicht nur zur Weihnachtszeit. Sie sind
gelegentlich infolge subnormativer Körpergröße
übersehbar, aber dafür jederzeit
aufgrund transoptimaler Lautstärke
unüberhörbar unter, neben und mit uns.
In Dresden würde bald Wohnraum knapp,
habe ich unlängst vernommen.
Wegen der vielen Kinder.
Im vergangenen Jahr
wurden in dieser Stadt 112
Geburten pro 10.000 Einwohner
gezählt. Das ist nicht
viel im Vergleich zu Kalkutta,
aber in Deutschland reicht
das für die Bezeichnung "Geburtenhauptstadt".
Und auch in diesem Jahr, das weiß
ich aus sicherer Quelle, sind schon wieder
einige dazu gekommen! Hoppla, stellt da
die Stadtverwaltung fest, man bräuchte
vielleicht noch die eine oder andere Kindertagesstätte.
Und, ja richtig, vielleicht
auch noch die eine oder andere Grundschule.
Ach so, und ein paar neue Erzieher
und Lehrer wären eventuell auch nicht
schlecht.
Dabei war das so gar nicht vorgesehen.
Die Deutschen sterben aus, hieß es. Demografie-
Desaster, Aufstand der Rentner,
Überalterung waren die Hauptwörter der
Diskussion. Und nun so was. Gewaltloser
Widerstand gegen Bevölkerungsprognosen?
Der Aufstand der Zeugungsfähigen?
Können die nicht besser aufpassen, die
jungen Leute? Wo sollen wir denn hin
mit dem wachsenden Haufen Nervensägen?
Die machen Lärm, die machen
Arbeit, die machen Gegenstände kaputt.
Die wollen auf Fußwegen Rad fahren, auf
Wäscheplätzen Fußball spielen und überhaupt
krümeln sie immer alles voll. Einverstanden,
zu Weihnachten sind sie ganz
niedlich, aber den Rest des Jahres? Wer
kümmert sich dann um die Plage? Wegen
dieser Schnullerepidemie platzt auch unser
Kindergarten aus allen Nähten. Und
ob Sie und die Landeskirche es nun glauben
oder nicht, die bleiben
nicht so klein. Die wachsen
nämlich, und wollen dann
vielleicht noch in der Christenlehre,
in der Kurrende
und im Konfirmandenunterricht
betreut werden. Ja,
es soll sogar Kinder in unserer
Gemeinde geben, die sonntags einen
Kindergottesdienst besuchen wollen. Da
hört?s nun wirklich auf. Das dürfen wir gar
nicht erst einreißen lassen. Am Ende fühlen
die sich noch wohl in der Kirche und
kommen immer wieder. Wollen gar in der
christlichen Gemeinschaft spielen, singen
und Freunde finden. So etwas spricht sich
doch rum. Aber es gibt ja noch Hoffnung.
Wenn sich wie jetzt immer weniger Helfer
für den Kindergottesdienst finden, dann
können wir es gemeinsam schaffen. Dann
können wir die kleinen Störenfriede einfach
weg ignorieren. Dann kehrt Ruhe ein.
Dann stimmen auch die Bevölkerungsprognosen
wieder. Falls sich in unserer
Gemeinde jedoch einige unbelehrbare Eltern,
Großeltern, Geschwister, Studenten
oder andere kinderfreundliche Menschen
finden, die dieses Treiben trotz meiner
Warnungen (Lärm! Krümel!) unterstützen
wollen, dann wenden Sie sich bitte an unseren
Gemeindepädagogen Uwe Claus.
Der bittet ernsthaft um Ihre Hilfe. Ist denn
das zu glauben?
Traugott
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