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Verkehrsregeln
Als ich neulich an einem warmen,
sonnigen Sonntagnachmittag, der
Straßenverkehrsordnung gemäß,
ordentlich angeschnallt und in
defensiv-korrekter Fahrweise, mit
an die Wetterverhältnisse und
die Geschwindigkeitsbegrenzungen
angepasstem Tempo, in einem
unlängst amtlich vom Technischen
Überwachungsverein für verkehrstauglich
befundenen Automobil
eine Dresden-Plauener Hauptstraße
befuhr, erwischte mich aus heiterem
Himmel nicht nur ein unvorsichtiger
Opelfahrer von rechts, sondern auch
eine heftige, leider allzu menschliche,
innere Gemütsregung. Ich meine
mich zaghaft an die Worte „Idiot“,
„verdammte Sch…“ und die nicht
ganz ernst gemeinte Frage „Bist Du
blind?“ zu erinnern. Natürlich kann
ich mich auf mildernde Umstände
einer Schocksituation berufen, aber
ehrlicherweise war der Unfallgegner
weder blind, noch ein Idiot, sondern
stand genauso betröppelt wie ich
vor dem Autoscheinwerferscherbenhaufen,
den er da angerichtet
hatte. Klar hab ich mich schnell wieder
eingekriegt und im Beisein der
Familie, interessierter Anwohner
und der hinzugerufenen Polizeibeamten
auf weitere Kraftausdrücke
verzichtet. Aber im ersten Impuls
lag zugegeben ein herrliches Gefühl
verborgen, all diese schmutzigen
Worte spontan rauszulassen, die ich
mir sonst meist verkneife. Auf anderen
Straßen unserer Heimatstadt ist
es ja seit einiger Zeit richtig Mode
geworden, endlich mal all die Worte
rauszulassen, die man tatsächlich
oder angeblich nicht sagen dürfe. Es
wäre schrecklich, höre ich von Peggi
und Gida, wie die political correctness
uns alle geistig versklave. Nun
ja, Anstand und Würde des Gegenübers
zu achten ist meist tatsächlich
anstrengender, als ein kurzer Fluch.
Sich Gedanken über potentiell diskriminierende
Fallstricke der Sprache
zu machen, ist sogar wesentlich
anstrengender als Andere anzuschreien.
Der gesellschaftliche Diskurs
im christlichen Abendland hat
zum Schutz eine ganze Reihe von
Verbots-, Hinweis- und Gebotsschildern
aufgestellt. „Du sollst nicht fluchen“
ist eines davon. Für manche
mag dieser Schilderwald in der Tat
verwirrend sein. Das ist die Straßenverkehrsordnung
auch. Trotzdem
müssen sich alle dran halten, die
auf den Straßen unterwegs sind. Auf
der Hauptstraße fahrende Verkehrsteilnehmer
haben immer noch Vorfahrt.
Und nicht die von rechts aus
der Nebenstraße. Sonst kracht’s.
Traugott
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