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Traugotts Kommentar
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Schmerzen am Zaun

Waren Sie schon einmal im Petridom zu Bautzen? Wenn nicht, dann fahren Sie unbedingt mal hin. Sie können dort etwas sehr Interessantes entdecken. Nein, ich meine nicht leere Kirchenbänke oder eine Eule-Orgel, die gibt's woanders auch. Mir geht es um das innerkirchliche Gitter. Die Trennwand. Ungefähr da, wo bereits die Architektur des Domes einen seltsamen Knick in der Optik vorgibt, verläuft seit fast fünfhundert Jahren ein eiserner Grenzzaun zwischen katholischem und evangelischem Teil des Gotteshauses. "Simultankirche" ist dafür eine reichlich euphemistische Umschreibung.
Denn simultan - also gleichzeitig - lief hier eben gar nichts. Über Jahrhunderte hieß es: Entweder die Einen oder die Anderen. 1543 wurde das "Simultaneum", die Nutzung der Kirche bei räumlicher und zeitlicher Trennung der Gottesdienste, vertraglich festgeschrieben. Ein Status quo, der von Zeitenwenden und Wendezeiten unangetastet blieb. Manchmal kamen lustige Schwarmgeister auf die Idee, diesen Zaun zu beseitigen. Meinten gar, es wäre sowohl ökumenisch wie auch ökonomisch an der Zeit, das Eisengitter abzutragen.
Aber zum Glück gab und gibt es auf beiden Seiten genügend rechtschaffene Leute, denen die Trennwand gar nicht hoch genug sein kann. Denn Zäune sind wichtig. Sie sagen: Das ist meins, hier bestimme ich und lass mich in Ruhe! Geschützt hinterm Zaun lässt sich auch viel besser schimpfen über die Verfehlungen des Andern. Hier sind wir unter uns und sehen durch die kleinen Zaunslücken viel deutlicher das üble Unkraut in Nachbars Garten. Die Oberlausitzer Domgärtner waren da auf gutem Schmerzen am Zaun Wege, aber sie sind leider an der Konfessionsschranke stehen geblieben. Dabei gäbe es noch so viele weitere Gründe, Gottes grüne Weide zu separieren.
Warum wird nicht zum Beispiel zwischen Ungetauften und Getauften, Zugereisten und Alteingesessenen oder Kirchgeldzahlern und Geizhälsen getrennt? Von Schwesterkirchgemeindemitgliedern mal ganz zu schweigen. Ab hinter den Zaun und bleib da!
Doch statt in unserer wohlgeordneten Kleingartenidylle - wie es sich gehört- einfach den Rasen zu mähen, sägen derzeit wieder einige unbelehrbare Ökumen-Ökologen an den Latten und behaupten sinngemäß, ohne Trennzäune wüchse die Wiese bunter.
50 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und rund 500 Jahre nach der Reformation fordert die Aktion "Ökumene jetzt": "An die Gemeinden appellieren wir, die Ökumene weiter voran zu treiben, kirchliches Leben miteinander zu gestalten, Räume gemeinsam zu nutzen und die organisatorische Einheit anzustreben."
Hallo? Räume gemeinsam nutzen und organisatorische Einheit anstreben? Das kriegen wir ja noch nicht mal in unserer eigenen Vereinssparte hin. Und nun gleich der ganz große Paradiesgarten? Nein, ein ordentlicher Gärtner macht nicht nur in die Ecke seines Gartens einen Haufen, sondern hält auch den Zaun in Ordnung.
In St. Petri zu Bautzen hat sich, was den Zaun betrifft, die geteilte Christenheit auf Hüfthöhe verständigt. Er steht weiterhin eisern im Weg, aber man kann immerhin mal drüber gucken. Wer allerdings nach oben blickt und die irdische Barriere übersieht, der hat hinterher empfindliche Schmerzen in der Magengegend.


Traugott


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